Das kulinarische Highlight des Vereinsjahres
Die Mitglieder trafen sich zum traditionellen "Saukopfessen"
Schon am Tag vorher wurde alles bereitgestellt, der Brühtrog das Brühpech, der Eimer zum Blutrühren, genügend Schüsseln und Behältnisse, verschiedene Gewürze und es war noch dunkel, als dann die Mutter am frühen Morgenden großen Kessel anschürte. So manche erinnern sich sicher gerne an ihre Kinderzeit, wenn ein Schwein geschlachtet werden sollte. Es war ein Fest, deshalb heißt es ja auch "Schlachtfest". Alle freuten sich (außer dem Schwein, aber das wusste zum Glück ja von nichts), denn der Tag versprach auch köstliches Essen. Im Kessel kochte mittlerweile genügend heißes Wasser und man schritt zur Tat. Als Kind bekam man eine ganz wichtige Aufgabe: "Das Schwänzchen halten", damals hatten die Schweine anders als heute jedenfalls noch Ringelschwänze.
Im Winter, wenn es bitterkalt war, freute man sich, wenn nach dem Schlachten, Säubern und Halbieren des Schweines, der Metzger und der Vater je eine Hälfte schulterten und mit diesen endlich in die warme Küche "umgezogen" werden konnte. Mittlerweile waren die Innereien und der Kopf bereits im dampfenden, kochenden Wasser des Kessels verschwunden. Bis diese gar waren, wurde das Schwein zerlegt, ein Teil durch den Fleischwolf gedreht, vom Metzger mit der Hand und nach Gefühl mit Salz, Pfeffer, Majoran und Piment versehen (damals wurde nichts abgewogen) - nichts anderes kommt in eine echte fränkische Bratwurst - und es gab die erste Köstlichkeit: Ein frisches Brot mit Bratwurstkeck und Zwiebeln. Der Metzger machte sich dann ans Därme putzen und man konnte es kaum erwarten, bis er endlich das Zeichen gab, dass der "Kesselspeck" nun soweit sei. Vorher aber kam noch der Fleischbeschauer. Es lag immer etwas Spannung in der Luft, ob er nach seinem prüfenden Blick durch das Mikroskop auch seinen Stempel zückte und die stattlichen Schinken und Seitenstücke damit als einwand- sprich trichinenfrei markierte. Manches Kind konnte dabei damals sicher auch seinen ersten Blick durch ein Mikroskop werfen. Ein köstlicher Geruch stieg auf, das Wasser hatte sich mittlerweile zu einer herrlichen Kesselbrüh verwandelt, die mit etwas Salz und Pfeffer und eingebrocktem Brot auch eine wundervolle Suppe ergab. Dampfend wurden die Innereien, der Kopf und das Kesselfleisch auf die Hackbank gehieft, jeder suchte sich seinen Platz an selbiger und machte vor sich ein Häufchen Salz und Pfeffer schnappte sich eine Scheibe Brot und dann ging es ans Suchen nach Herz, Leber, Niere, Zunge, Bries. Jeder hatte so seine Vorlieben. Mit einem Messer ("aber pass ja auf, das Messer ist scharf") wurden die Köstlichkeiten im Stehen in kleine Stücke geschnitten, in Salz und Pfeffer getaucht und dann genossen. Wie wunderbar konnten doch so einfache Sachen schmecken.
Selbstverständlich ließ man Nachbarn und Freunde an dem Festmahl teilhaben und auch zu den Herrn Pfarrer und Lehrer wurde am Ende des Tages ein Korb voll vom Schlachtfest gebracht. Wenn die Gabe üppig genug ausfiel, hat Letzterer bei der Notengebung auch schon mal ein Auge - oder beide - zugedrückt.
Wo können gerade Kinder heute so einen herrlichen Tag noch erleben? Hausschlachtungen sind nicht zuletzt wegen einer Unmenge bürokratischer Hürden, Einschränkungen, Auflagen usw. nahezu verschwunden. Man wundert sich, dass damals, als es diese vielen Auflagen nicht gab, Menschen nicht massenweise nach Hausschlachtungen krank wurden.
Um diese Tradition wenigstens wieder etwas aufleben zu lassen und einen echten Kesselspeck genießen zu können, entschlossen wir uns vom GZV Oettingen u.U. vor einigen Jahren ein "Saukopfessen" zu veranstalten, das mittlerweile der kulinarische Höhepunkt des Vereinsjahres ist. So auch dieses Jahr. Um 13.30 Uhr begann auf dem Gelände des Kleingartenvereins, dem wie alle Jahre dafür zu danken ist, der Aufbau. Die beiden Kessel wurden herangeschafft, gesäubert und schließlich angefeuert, Wasser und Stromzufuhr gesichert, Zwiebeln, Karotten und Sellerie geschält und zerkleinert und dann mit den Sauköpfen, den Innereien, Bauchseiten und Blut- und Leberwürsten in die Tiefen der Kessel versenkt. Nach gut zwei Stunden war es soweit, es roch nach Kesselspeck, Kindheitserinnerungen kamen hoch und jeder konnte sich bei Zuchtfreund Erich Kritsch das abholen, was er am liebsten hatte. Echte Kenner erkennt man daran, dass sie nach dem Rüssel verlangen.
Da das Wetter auch mitspielte war es wieder ein gelungenes Fest und passend zum ursprünglichen Sinn des "Schlachtfestes" hatten neben zahlreichen Gästen auch Züchterfreunde des benachbarten Geflügelzuchtvereins aus Treuchtlingen die Einladung erhalten und erfreulicherweise auch angenommen.
Noch eine Kindheitserinnerung: Am Ende des Tages verlangte der Metzger meist nicht nach Schäufele, Knöchle oder Bratwurst mit Kraut, sondern nach Kaffee und Kuchen. "Wenn ich den ganzen Tag mit Fleisch und Wurst umgeh, will ich lieber was Süßes!", so lautete meist seine Begründung.
Auch bei uns konnte man den Abend mit Kaffee und Kuchen abrunden.
Vielen Dank allen, die mitgeholfen haben! Es hat "saugut" geschmeckt!!